1. Ratgeber
  2. Psychotherapie
  3. Psychotherapie als Selbstzahler
Emil Herrling
Emil Herrling
  • Jul 10, 2025
  • 5 min read

Psychotherapie als Selbstzahler

Die Entscheidung, die Kosten für eine Psychotherapie selbst zu tragen, ist in der Regel wohlüberlegt und basiert auf konkreten Vorteilen, die über den reinen Behandlungsverlauf hinausgehen.

Eine Frau auf einem Feld streckt die Arme glücklich in die Luft. Das Bild ist im impressionistischem Stil gehalten.

Psychotherapie als Selbstzahler: Ein Leitfaden zu Kosten, Vorteilen und Qualifikationsmerkmalen

Die Entscheidung für eine Psychotherapie ist ein bedeutender Schritt zur Förderung der eigenen mentalen Gesundheit. Neben dem Weg über die Krankenversicherung gibt es die Möglichkeit, therapeutische Leistungen als Selbstzahler in Anspruch zu nehmen. Diese Option wird oft gewählt, um von spezifischen Vorteilen wie erhöhter Diskretion und Unabhängigkeit zu profitieren. Dieser Artikel dient als umfassender Leitfaden, um die Beweggründe, die Kostenstruktur und die entscheidenden Qualitätsmerkmale der Psychotherapie für Selbstzahler detailliert zu erläutern.

Die Beweggründe: Warum die Option als Selbstzahler sinnvoll sein kann

Die Entscheidung, die Kosten für eine Psychotherapie selbst zu tragen, ist in der Regel wohlüberlegt und basiert auf konkreten Vorteilen, die über den reinen Behandlungsverlauf hinausgehen.

1. Vollständige Vertraulichkeit gegenüber Versicherungen

  • Der Hintergrund: Jede über eine Krankenversicherung abgerechnete Therapie erfordert eine Diagnose einer psychischen Erkrankung nach ICD-10/11 (Internationale Klassifikation der Krankheiten). Diese Diagnose wird dauerhaft in Ihrer Krankenakte gespeichert.
  • Auswirkungen auf zukünftige Versicherungsabschlüsse:
    • Wechsel in die Private Krankenversicherung (PKV): Beim Antrag auf eine PKV müssen Gesundheitsfragen beantwortet werden. Eine dokumentierte psychotherapeutische Behandlung kann zu Risikozuschlägen (höheren Beiträgen) oder sogar zu einer Ablehnung des Antrags führen.
    • Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU): Auch hier ist die Offenlegung der Gesundheitshistorie obligatorisch. Eine psychische Diagnose wird von den Versicherern als erhebliches Risiko eingestuft, was oft zu Leistungsausschlüssen für psychische Erkrankungen, höheren Beiträgen oder einer kompletten Ablehnung führt.
  • Der Vorteil als Selbstzahler: Da keine Diagnose an eine Versicherung übermittelt wird, entstehen keine Einträge in Ihrer Krankenakte. Der gesamte Prozess bleibt eine vertrauliche Angelegenheit zwischen Ihnen und Ihrem Therapeuten.

2. Uneingeschränkte Therapiefreiheit und Flexibilität

Als Selbstzahler unterliegen Sie keinen Vorgaben durch eine Krankenkasse. Sie und Ihr Therapeut können die Behandlung vollständig an Ihren individuellen Bedürfnissen ausrichten. Das betrifft:

  • Die Therapiedauer und -frequenz: Sie sind nicht an ein bewilligtes Stundenkontingent gebunden und können die Häufigkeit der Sitzungen (z.B. wöchentlich, zweiwöchentlich, nach Bedarf) flexibel gestalten.
  • Die Wahl der Therapiemethode: Sie können frei die Methode wählen, die am besten zu Ihnen passt, auch wenn diese nicht zum Standard-Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen gehört.
  • Keine Notwendigkeit für eine formale Diagnose: Manchmal suchen Menschen Unterstützung für Lebenskrisen, Beziehungsprobleme oder berufliche Herausforderungen, die nicht die Kriterien einer psychischen Erkrankung erfüllen. Als Selbstzahler ist eine Therapie auch ohne formale Diagnose möglich.

3. Kein bürokratischer Aufwand und schnellerer Beginn

Der Prozess der Kostenübernahme durch eine Versicherung kann zeitaufwendig sein. Er umfasst probatorische Sitzungen, das Verfassen eines Gutachtenantrags durch den Therapeuten und eine Wartezeit auf die Genehmigung durch die Kasse. Als Selbstzahler entfallen all diese Schritte. Sobald Sie eine:n passende:n Therapeut:in gefunden haben, kann die Behandlung unmittelbar nach der Vereinbarung beginnen.

4. Eine Lösung für im Ausland lebende Deutsche

Personen, die ausgewandert sind und nicht mehr dem deutschen Versicherungssystem angehören, stehen oft vor einer Herausforderung: Sie wünschen sich eine qualifizierte Therapie in ihrer Muttersprache, können aber vor Ort keine finden oder möchten kulturelle Barrieren vermeiden. Die Online-Therapie als Selbstzahler ist hier eine ideale Lösung, da sie ortsunabhängig qualifizierten Zugang zu deutschsprachigen, approbierten Therapeut:innen ermöglicht.

Die Kostenstruktur: Ein Einblick in die Honorare

Die Kosten für eine 50-minütige Psychotherapiesitzung als Selbstzahler orientieren sich an der Gebührenordnung für Psychotherapeuten (GOP). In der Regel liegt das Honorar zwischen 100 € und 120 €.

Dieser Betrag reflektiert nicht nur die Sitzungszeit selbst, sondern auch die umfassende Qualifikation des Therapeuten. Er deckt die Vor- und Nachbereitung der Sitzung, die fortlaufende Dokumentation sowie die Kosten für Praxisräume und berufliche Weiterbildungen ab.

Das entscheidende Qualitätsmerkmal: Die Approbation

Im Dschungel der psychologischen Beratungsangebote ist die Qualifikation des Anbieters das wichtigste Kriterium für Ihre Sicherheit und den Erfolg der Behandlung. Hier besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen Psychotherapeut:innen und Coaches.

  • Approbierte Psychologische Psychotherapeut:innen:

    • Qualifikation: Dies ist eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung. Um sie zu führen, ist ein fünfjähriges Universitätsstudium der Psychologie (Master- oder Diplomabschluss) erforderlich, gefolgt von einer drei- bis fünfjährigen, staatlich anerkannten Vollzeitausbildung in einem Psychotherapieverfahren. Diese Ausbildung schließt mit einer staatlichen Prüfung, der Approbation, ab.
    • Befugnis: Nur approbierte Psychotherapeut:innen besitzen die Heilbefugnis und sind damit gesetzlich berechtigt und ausgebildet, psychische Erkrankungen (wie Depressionen, Angststörungen, Traumafolgestörungen etc.) zu diagnostizieren und zu behandeln.
    • Verpflichtung: Sie unterliegen der Schweigepflicht und den Berufsordnungen der Psychotherapeutenkammern, was hohe ethische und qualitative Standards sicherstellt.
  • Coaches, Berater, psychologische Berater:

    • Qualifikation: Diese Begriffe sind nicht gesetzlich geschützt. Die Ausbildungen variieren stark in Dauer und Qualität, von Wochenendkursen bis hin zu mehrmonatigen Lehrgängen. Es gibt keine einheitlichen, staatlich kontrollierten Standards.
    • Befugnis: Coaches dürfen keine psychischen Erkrankungen behandeln. Ihr Tätigkeitsfeld ist die Begleitung bei der persönlichen Weiterentwicklung, bei beruflichen Zielen oder der Bewältigung von nicht-krankheitswertigen Problemen.
    • Das Risiko: Günstigere Angebote stammen häufig von Anbietern ohne Approbation. Hier besteht die Gefahr, dass eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung nicht als solche erkannt und fachgerecht behandelt wird, was den Leidensweg verlängern kann.

Plattformen wie Therapy Lift bieten hier einen strukturierten und sicheren Rahmen, da sie ausschließlich mit approbierten Psychologischen Psychotherapeut:innen zusammenarbeiten. Dies stellt sicher, dass Sie als Selbstzahler eine fachlich fundierte und qualitativ hochwertige Behandlung nach anerkannten Standards erhalten.

Zusammenfassung: Ein bewusster Weg zu mentaler Gesundheit

Die Entscheidung, Psychotherapie als Selbstzahler in Anspruch zu nehmen, ist ein Weg, der ein hohes Maß an Autonomie, Vertraulichkeit und Flexibilität ermöglicht. Sie behalten die volle Kontrolle über Ihre Gesundheitsdaten und können den therapeutischen Prozess frei von versicherungsrechtlichen Vorgaben gestalten. Es ist ein valider und oft sehr sinnvoller Pfad für alle, die Wert auf Diskretion legen, einen schnellen Therapiebeginn wünschen oder spezielle Lebensumstände, wie ein Leben im Ausland, haben. Die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg ist dabei stets die Wahl eine:r qualifizierte:n, approbierten Psychotherapeut:in.

Selbstzahler Psychotherapie