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  • Apr 11, 2025
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Trauma: Die akute Belastungsreaktion

Eine akute Belastungsreaktion tritt als unmittelbare Reaktion auf eine außergewöhnlich belastende Erfahrung auf. Solche Erlebnisse können Unfälle, Gewalterfahrungen oder plötzliche Verluste sein. Die Symptome beginnen meist innerhalb weniger Stunden nach dem Ereignis und klingen oft nach einigen Tagen wieder ab. In manchen Fällen können sie jedoch über Wochen anhalten.

Die akute Belastungsreaktion – Wenn die Psyche auf Extremsituationen reagiert

Eine 42-jährige Frau sucht wenige Tage nach einem traumatischen Erlebnis eine psychotherapeutische Ambulanz auf. Während einer Autofahrt wurde sie Zeugin eines schweren Verkehrsunfalls. Ein entgegenkommendes Fahrzeug geriet ins Schleudern, prallte gegen die Leitplanke und überschlug sich mehrfach. Die Fahrerin wurde schwer verletzt aus dem Wrack geborgen, und es ist unklar, ob sie überleben wird.

Am Unfallabend fühlte sich die Frau noch vergleichsweise gefasst, doch bereits am nächsten Morgen setzten belastende Symptome ein. Immer wieder sieht sie die dramatischen Bilder vor sich – das verformte Fahrzeug, die reglose Fahrerin und das Chaos am Unfallort. Bestimmte Details scheinen ihr jedoch völlig entfallen zu sein, und sie kann sich nicht mehr daran erinnern, ob sie Erste Hilfe geleistet oder nur hilflos zugesehen hat. Schlaflosigkeit quält sie, ihre Gedanken kreisen unaufhörlich um das Geschehen, und sie fühlt sich zunehmend wie von sich selbst entfremdet.

Hinzu kommen starke Schuldgefühle: Sie fragt sich, ob sie schneller hätte reagieren oder den Unfall möglicherweise verhindern können. Der Gedanke, dass sie nie wieder unbeschwert Auto fahren oder Freude an alltäglichen Dingen empfinden wird, belastet sie schwer.

Was ist eine akute Belastungsreaktion?

Eine akute Belastungsreaktion tritt als unmittelbare Reaktion auf eine außergewöhnlich belastende Erfahrung auf. Solche Erlebnisse können Unfälle, Gewalterfahrungen oder plötzliche Verluste sein. Die Symptome beginnen meist innerhalb weniger Stunden nach dem Ereignis und klingen oft nach einigen Tagen wieder ab. In manchen Fällen können sie jedoch über Wochen anhalten.

Es handelt sich hierbei nicht um eine psychische Erkrankung, sondern um eine natürliche Reaktion des Körpers und der Psyche auf extremen Stress. Dabei durchlaufen die Symptome häufig verschiedene Phasen.

Frühe Phase:

Direkt nach dem traumatischen Erlebnis stehen viele Betroffene unter Schock. Sie fühlen sich betäubt, sind emotional kaum ansprechbar und haben Schwierigkeiten, neue Informationen zu verarbeiten. Dissoziative Symptome wie das Gefühl, neben sich zu stehen (Depersonalisation), oder die Wahrnehmung der Umwelt als unwirklich (Derealisation) treten häufig auf. Zudem können extreme Gefühlsschwankungen auftreten – zwischen tiefer Trauer, Wut und völliger Gleichgültigkeit.

Körperliche Reaktionen:

Da der Körper in Alarmbereitschaft versetzt wird, kommt es oft zu körperlichen Stresssymptomen wie Herzrasen, Zittern, Übelkeit oder starkem Schwitzen. Manche Betroffene ziehen sich vollkommen zurück, während andere mit starker Unruhe oder übersteigerter Aktivität reagieren. Nicht selten kommt es auch zu Erinnerungslücken bezüglich des traumatischen Geschehens.

Verarbeitung des Traumas:

In den darauffolgenden Tagen beginnt die eigentliche Verarbeitung des Erlebten. Dabei können Flashbacks oder Albträume auftreten, in denen das Trauma wieder durchlebt wird. Manche Menschen meiden bewusst Situationen, die sie an das Geschehen erinnern, beispielsweise Autofahren nach einem Unfall. Gleichzeitig kann es zu einer emotionalen Abstumpfung kommen – Gefühle erscheinen gedämpft oder gar nicht mehr spürbar. Andere erleben eine anhaltende innere Anspannung, die sich in Schlafstörungen, erhöhter Reizbarkeit oder einer verstärkten Schreckreaktion zeigt.

Verlauf und mögliche Folgen

In den meisten Fällen klingen die Symptome einer akuten Belastungsreaktion nach einiger Zeit ab. Dennoch ist es wichtig, das Erlebte bewusst zu verarbeiten, um langfristige psychische Belastungen zu vermeiden. Sollten die Beschwerden über einen Zeitraum von mehr als einem Monat anhalten oder sich verstärken, kann sich daraus eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. In einem solchen Fall kann eine psychotherapeutische Unterstützung helfen, das Trauma auf gesunde Weise zu verarbeiten.

Wie häufig tritt eine akute Belastungsreaktion auf?

Da viele Menschen nach einer extrem belastenden Erfahrung zumindest vorübergehend psychische Symptome zeigen, ist die akute Belastungsreaktion weit verbreitet. Genaue Zahlen zur Häufigkeit gibt es jedoch nicht, da sie oft nicht diagnostiziert oder spezifisch behandelt wird. In den meisten Fällen handelt es sich um eine vorübergehende Reaktion, die keine langfristigen Folgen hinterlässt – dennoch kann eine frühzeitige Unterstützung helfen, die seelische Verarbeitung zu erleichtern.