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  • Apr 10, 2025
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ADHS bei Erwachsenen: Diagnose

Die Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erwachsenen folgt in der Regel einem multimodalen Ansatz. Das bedeutet, dass verschiedene therapeutische Bausteine kombiniert werden, um eine bestmögliche Wirkung zu erzielen und den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden. Zu diesen Bausteinen zählen typischerweise Psychoedukation, Psychotherapie und, je nach Indikation, eine medikamentöse Behandlung.

ADHS-Therapie im Erwachsenenalter: Ein Weg zu mehr Stabilität und Wohlbefinden

Die Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erwachsenen folgt in der Regel einem multimodalen Ansatz. Das bedeutet, dass verschiedene therapeutische Bausteine kombiniert werden, um eine bestmögliche Wirkung zu erzielen und den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden. Zu diesen Bausteinen zählen typischerweise Psychoedukation, Psychotherapie und, je nach Indikation, eine medikamentöse Behandlung.

Das übergeordnete Ziel der Therapie ist es, die ADHS-bedingten Symptome zu lindern, die Bewältigung des Alltags zu verbessern und das Selbstwertgefühl der Betroffenen zu stärken. Gleichzeitig soll das Risiko für häufig assoziierte Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen minimiert werden. Ein entscheidender Faktor für den Therapieerfolg ist die aktive Beteiligung und Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten, da nachhaltige Veränderungen nur durch ihre Mitarbeit erreicht werden können.

Individuelle Therapieansätze: Maßgeschneiderte Unterstützung

Die Auswahl und Gewichtung der therapeutischen Maßnahmen orientiert sich am individuellen Schweregrad der ADHS, dem Ausmaß der Beeinträchtigungen im Alltag und den persönlichen Zielen und Präferenzen des Betroffenen.

  • Leichte bis mittelschwere ADHS: Hier kann eine Psychotherapie allein oder in Kombination mit Medikamenten wirksam sein. Betroffene, die eine medikamentöse Behandlung ablehnen oder nicht vertragen, können oft auch durch gezielte psychotherapeutische Interventionen und Coaching signifikante Fortschritte erzielen.
  • Schwere ADHS: Bei stark ausgeprägten Symptomen und erheblichen Beeinträchtigungen ist eine medikamentöse Behandlung meist ein zentraler Bestandteil der Therapie. Sie kann die neurobiologischen Defizite adressieren und somit die Basis dafür schaffen, dass psychotherapeutische Ansätze besser greifen können. Eine Kombination aus Medikation und Psychotherapie bzw. Psychoedukation ist hier in der Regel am erfolgversprechendsten.

Die Behandlung wird üblicherweise ambulant von Fachleuten durchgeführt, die über spezifische Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und Therapie von ADHS im Erwachsenenalter verfügen. Dazu zählen:

  • Psychologische oder ärztliche Psychotherapeuten
  • Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Fachärzte für Neurologie oder Psychosomatische Medizin mit entsprechender Expertise

Sollten ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, beispielsweise bei sehr komplexen Störungsbildern oder schweren Begleiterkrankungen, kann auch eine (teil-)stationäre Behandlung in einer spezialisierten Klinik sinnvoll sein.

Übergang von der Jugend- zur Erwachsenentherapie

Für junge Erwachsene mit ADHS ist der Übergang vom jugendpsychiatrischen Versorgungssystem in die Erwachsenenversorgung eine wichtige Phase. Es sollte frühzeitig ein spezialisierter Behandler für Erwachsene gesucht werden.

  • Die Behandlung kann bis zum 21. Lebensjahr in der Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie fortgeführt werden.
  • Spätestens danach ist ein Wechsel zu einem Facharzt oder Therapeuten für Erwachsene erforderlich.
  • Der bisherige Behandler kann bei der Suche und Übergabe unterstützen.

Eine kontinuierliche Weiterbehandlung ist wichtig, um erreichte Erfolge zu sichern und die Therapie an die sich verändernden Lebensumstände anzupassen.

Psychoedukation: Wissen als Schlüssel zur Selbsthilfe

Ein fundamentaler Baustein jeder ADHS-Therapie ist die Psychoedukation. Sie beinhaltet die umfassende Aufklärung der Betroffenen (und oft auch ihrer Angehörigen) über das Störungsbild ADHS, dessen neurobiologische Ursachen, Symptome und typischen Verlauf.

Für viele Erwachsene ist das Verständnis, dass ihre langjährigen Schwierigkeiten nicht auf persönlichem Versagen, mangelnder Willenskraft oder Faulheit beruhen, sondern auf einer neurobiologischen Besonderheit, eine immense Entlastung. Psychoedukation vermittelt zudem Wissen über Behandlungsoptionen und konkrete Strategien zur Selbsthilfe und Alltagsbewältigung (z.B. Organisation, Zeitmanagement).

Medikamentöse Behandlung: Wann und für wen ist sie sinnvoll?

Gemäß den aktuellen medizinischen Leitlinien stellt die medikamentöse Therapie eine wichtige Behandlungsoption dar, deren Einsatz individuell geprüft werden sollte.

  • Schwere ADHS: Medikamente sind oft unerlässlich, um eine ausreichende Symptomkontrolle zu erreichen und die Teilhabe an anderen Therapieformen zu ermöglichen.
  • Leichte bis mittelschwere ADHS: Auch hier kann eine Medikation erwogen werden, wenn die Symptome zu deutlichen Beeinträchtigungen führen und andere Maßnahmen nicht ausreichen. Sie ist jedoch nicht in jedem Fall zwingend erforderlich.

Die Verordnung und Überwachung der medikamentösen Therapie sollte ausschließlich durch Fachärzte mit Erfahrung in der Behandlung von ADHS bei Erwachsenen erfolgen. Regelmäßige Kontrolltermine sind notwendig.

Welche Medikamente werden eingesetzt?

  • Stimulanzien: Gelten als Mittel der ersten Wahl. Dazu gehören Präparate mit den Wirkstoffen Methylphenidat (z.B. Ritalin Adult®, Medikinet Adult®) und Lisdexamfetamin/Dexamphetamin (z.B. Elvanse Adult®).
  • Nicht-Stimulanzien: Atomoxetin (z.B. Strattera®) ist eine Alternative, wenn Stimulanzien nicht wirken oder nicht vertragen werden. Guanfacin (Intuniv®) ist für Erwachsene nur im “Off-Label-Use” einsetzbar.

Wie wirken die Medikamente? Sie zielen darauf ab, das Gleichgewicht der Botenstoffe (v.a. Dopamin und Noradrenalin) im Gehirn zu beeinflussen und können dadurch:

  • Die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit verbessern.
  • Die Selbststeuerung und Planungsfähigkeit erhöhen.
  • Impulsivität und innere Unruhe reduzieren.
  • Zur Stabilisierung der Stimmung beitragen.

Da Medikamente primär die Kernsymptome beeinflussen, aber nicht alle Alltagsherausforderungen lösen können (z.B. über Jahre erlernte ungünstige Verhaltensmuster), sollten sie idealerweise in ein Gesamtbehandlungskonzept eingebettet sein, das auch Psychoedukation und/oder Psychotherapie umfasst.

Zusätzliche Medikation bei Begleiterkrankungen: Liegen neben der ADHS weitere psychische Erkrankungen vor (z.B. Depression, Angststörung), muss die Medikation entsprechend angepasst werden. Bei komorbider Depression kann beispielsweise das Antidepressivum Bupropion erwogen werden, da es sowohl antidepressive als auch potenziell positive Effekte auf ADHS-Symptome haben kann.

Psychotherapie: Strategien für ein besseres Leben

Psychotherapeutische Verfahren, insbesondere die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT), sind ein zentraler Pfeiler der ADHS-Behandlung im Erwachsenenalter. Sie helfen Betroffenen, problematische Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern sowie konkrete Bewältigungsstrategien zu erlernen.

Schwerpunkte der KVT bei ADHS:

  • Verbesserung der Exekutivfunktionen: Training von Planungs-, Organisations- und Zeitmanagementfähigkeiten.
  • Schulung der Impulskontrolle: Entwicklung von Strategien zur besseren Selbstregulation und zum Umgang mit vorschnellen Reaktionen.
  • Emotionsregulation: Erlernen eines adäquateren Umgangs mit Stimmungsschwankungen, Frustration und Reizbarkeit.
  • Stärkung sozialer Kompetenzen: Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten und der Konfliktlösungsstrategien.
  • Achtsamkeitsbasierte Ansätze: Förderung der bewussten Wahrnehmung von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen, um automatisierte Reaktionen zu unterbrechen und Stress zu reduzieren.

Mittlerweile existieren spezifische, auf ADHS im Erwachsenenalter zugeschnittene Therapieprogramme (z.B. nach Hesslinger, Philipsen), die diese Elemente integrieren.

Gruppentherapie und Einbeziehung des Umfelds: Der Austausch in einer Gruppe mit anderen Betroffenen kann sehr unterstützend sein (Erfahrungsaustausch, gegenseitige Motivation). Die Einbeziehung von Partnern oder Familienmitgliedern in Form von Paar- oder Familiengesprächen kann das Verständnis im Umfeld fördern und die gemeinsame Bewältigung erleichtern.

Stationäre Therapie: Wann ist sie notwendig?

In Situationen, in denen eine ambulante Behandlung nicht ausreicht, kann eine intensivere Therapie im stationären oder teilstationären Setting (Tagesklinik) notwendig sein. Dies kann der Fall sein bei:

  • Sehr schwerer ADHS-Symptomatik mit massiven Alltagsbeeinträchtigungen.
  • Komplexen Begleiterkrankungen (z.B. schwere Depression, Sucht).
  • Akuten Krisen oder einer besonders belastenden psychosozialen Situation.

Im Anschluss an eine stationäre Behandlung ist eine nahtlose ambulante Weiterbetreuung zur Stabilisierung der Erfolge essenziell.

Strategien zur Alltagsbewältigung: Kleine Veränderungen mit großer Wirkung

Zusätzlich zur professionellen Therapie können Betroffene durch die Anwendung einfacher Strategien ihren Alltag strukturieren und erleichtern:

  • Struktur schaffen: Nutzung von Tages- und Wochenplänen, To-do-Listen, Kalendern und Erinnerungsfunktionen (z.B. auf dem Smartphone).
  • Aufgaben unterteilen: Große oder unübersichtliche Aufgaben in kleinere, handhabbare Schritte zerlegen.
  • Routinen etablieren: Feste Zeiten für wiederkehrende Tätigkeiten (Aufstehen, Mahlzeiten, Arbeitsbeginn, Schlafengehen) schaffen Vorhersehbarkeit.
  • Feste Plätze für wichtige Dinge: Schlüssel, Handy, Geldbörse etc. immer am selben Ort aufbewahren, um Suchen zu vermeiden.
  • Ablenkungen minimieren: Gestaltung eines reizarmen Arbeitsumfelds, Nutzung von Kopfhörern mit Geräuschunterdrückung bei Bedarf.

Fazit: Der richtige Behandlungsweg für mehr Lebensqualität

ADHS im Erwachsenenalter stellt eine lebenslange Herausforderung dar, die jedoch mit einer adäquaten und individuell angepassten Behandlung gut bewältigt werden kann. Ein erfülltes und erfolgreiches Leben ist trotz ADHS möglich.

  • Medikamente können eine wichtige Unterstützung sein, um Kernsymptome wie Unaufmerksamkeit und Impulsivität zu reduzieren.
  • Psychoedukation schafft Verständnis und vermittelt wertvolle Informationen und Selbsthilfestrategien.
  • Psychotherapie ermöglicht die Veränderung problematischer Verhaltensmuster und den Aufbau von Bewältigungsfähigkeiten.
  • Praktische Alltagsstrategien helfen dabei, Struktur und Stabilität zu gewinnen.

Wer frühzeitig professionelle Hilfe sucht und aktiv an der Behandlung mitwirkt, kann lernen, mit den Herausforderungen der ADHS umzugehen, die eigenen Stärken zu nutzen und eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen.

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